Trans* Person erreicht die Streichung des Geschlechtseintrags nach § 22 Abs. 3 PStG

Das Oberlandesgericht Celle hat vor Kurzem der Streichung des Geschlechtseintrags einer trans* Person zugestimmt. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Sowohl das Amtsgericht Stade (Beschluss vom 21. Dezember 2016; Az. 51 III 13/16) als auch in zweiter Instanz das Oberlandesgericht Celle (Beschluss vom 11. Mai 2017; Az. 17 W 5/17) folgten der Argumentation der antragstellenden Person, dass sie*er weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht angehöre.
(Die komplette juristische Dokumentation findet sich weiter unten)

Zwar zielten die vorbereitenden Diskussionen zur Reformierung des § 22 PStG auf intergeschlechtliche Menschen ab, da jedoch diese Gruppe im Gesetzestext nicht explizit und exklusiv genannt wird, ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags für alle Menschen gilt, die „weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können“. Diese Rechtsansicht wird von den jüngsten Entscheidungen des Amtsgerichts Stade und des Oberlandesgerichts Celle bestätigt. Die Kampagne für eine Dritte Option beglückwünscht Z. zu dem Mut und der Kraft dieses Gerichtsverfahren zu führen und wir freuen uns mit Z. über den tollen Erfolg. Die Entscheidungen sind ein weiter Schritt zu einem Personenstandsrecht, welches allen Menschen einen für sie zutreffenden Personenstandseintrag ermöglicht.

Die antragstellende Person hatte 2013 den Personenstand nach dem TSG (Transsexuellengesetz) ändern lassen. Im Antrag an das Standesamt Buxtehude vom 7. Juni 2016 sowie in der Folge gegenüber den Gerichten legte die antragstellende Person dar, dass der Beschluss nach dem TSG zwar insoweit zutreffend sei, dass sie*er nicht männlich sei. Die Bezeichnung als weiblich sei jedoch auch nicht völlig zutreffend. Sowohl in der Selbstwahrnehmung als auch der Wahrnehmung Dritter liege ein nicht-binäres Geschlecht vor. Zum Zeitpunkt des TSG-Verfahrens habe jedoch die Möglichkeit einer Streichung des Geschlechtseintrags nicht bestanden. Diese Möglichkeit sei erst durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 21. Januar 2015 (Az. 17 W 28/14) zur Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags nach § 22 Abs. 3 PStG (Personenstandsgesetz) deutlich geworden (vgl. hierzu ttp://dritte-option.de/stellungnahme-zur-pstg-aenderung/).

Das Amtsgericht Stade stellte zur rechtlichen Situation in knapper Form fest, dass „die Antragstellerin weder als dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig angesehen werden“ könne und „die Voraussetzungen für die Streichung des Eintrags nach § 22 Abs. 3 PStG“ daher vorlägen.

Das Standesamt legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein mit dem Hinweis, § 22 Abs. 3 PStG sei nicht anwendbar, da dieser eine „medizinisch festgestellte geschlechtliche Unbestimmtheit“ regele, also die „genetisch-anatomische Intersexualität“.

Das OLG Celle wies die Beschwerde des Standesamtes zurück und stellte klar, dass das grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der geschlechtlichen Identität nicht von biologischen Merkmalen abhängt. Da es nach Ansicht des OLG Celle nur die Eintragungsmöglichkeiten als männlich oder weiblich gibt, folgt nach dem OLG daraus, dass eine Streichung des Geschlechtseintrags für alle Menschen möglich ist, die nach ihrem subjektivem Empfinden weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht angehören.

Durch den Beschluss des OLG Celle ist nunmehr auch richterlich bestätigt worden, dass § 22 Abs. 3 PStG keinerlei medizinische Voraussetzungen enthält. Die rechtlich zutreffende Feststellung, dass personenstandsrechtlich keinerlei Unterschiede zwischen verschiedenen nicht-binären Personen bestehen, wird in dem Beschluss sprachlich unglücklich umgesetzt, indem alle nicht-binären Personen gleichermaßen als Intersexuelle bezeichnet werden. Trotz dieser sprachlichen Indifferenziertheit ist der Beschluss wichtig sowohl für die Rechte nicht-binärer trans* Personen, die nunmehr eine Streichung des Geschlechtseintrags anstreben können, als auch für nicht-binäre wie binäre intergeschlechtliche Personen. Auch bei ihnen kann nach Ansicht des OLG Celle weder die nachträgliche Streichung des Eintrags noch eine nachträgliche Eintragung als männlich oder weiblich von medizinischen Attesten abhängig gemacht werden. Damit wird der Druck auf intergeschlechtliche Personen und deren Eltern gesenkt, medizinisch nicht-notwendige Eingriffe vornehmen zu lassen.

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